
Um das ganze noch ein wenig dramatischer darzustellen, sollten folgende Fakten über Irna erwähnt sein:
Baujahr 2015
Erstzulassung war gerade mal ein Jahr her
Kilometerstand: 51.000
Am 4. Mai 2018 begann das Grauen um unseren Ford Transit.
Auf dem Weg von Ingelheim nach Neumünster in Schleswig-Holstein passierten wir die Kasseler Berge. Die Kasseler Berge sind natürliche keine richtigen Berge, jedoch begann an einer dieser Steigungen auf der Autobahn Irnas Streik. Ein plötzlicher Leistungsabfall führte dazu, dass wir umgehend auf einen Rastplatz fuhren.
Glück im Unglück, dass die Ausfahrt zum Parkplatz direkt neben dem Unglücksort lag und wir dort, anstatt auf dem Seitenstreifen gestrandet waren.
Kein Blinken der Motorkontrollleuchte und keine sonstige Warnung seitens des Bordcomputers - einfach nichts!
Beim Aussteigen bestätigte sich noch Schlimmeres: der Motor qualmte, Öl war ausgetreten und hatte sich bereits im ganzen Motorraum verteilt.

Erste Hilfe
Trotz der Panik, die nun rasant in uns aufstieg, haben wir niemals mit dem Befund gerechnet, den der ADAC Mitarbeiter bereits vorausahnte.
Im ADAC sind wir aufgrund der LKW Zulassung übrigens noch nicht Mitglied. Die Kommunikation lief über die Ford Assistance, die uns aufgrund der Garantie zur Seite stand.
Wobei "zur Seite stehen" hilfreicher klingt, als es letztendlich war.
Die "Auskunft" der Ford Assistance, wie wir sie mal freundlichen nennen möchten, arbeitet also mit dem ADAC zusammen, wie wir eine Stunde später erfuhren.
Dann flatterte nämlich ein gelber Engel ein und allein sein Blick mit der Mini-Taschenlampe bestätigte: "Da könne man so gar nichts mehr machen. Das müsse abgeschleppt werden."
Das Lämpchen umgehend wieder in die Hosentasche gesteckt, ging er auch schon zu seinem Auto und gab es per Funk weiter, ehe er auch schon abdüste.
Weitere eineinhalb Stunden vergingen, in denen wir fünf Telefonate mit Ford und dem Abschleppunternehmen führten. Dieses wurde übrigens erst dann losgesandt, als der freundliche gelbe Engel wieder sicher im Hafen gelandet war, nicht als er auf dem Parkplatz anrief.
Inzwischen war uns klar: den Campingurlaub, der die nächste Tage geplant war, können wir wohl vergessen.

Abschleppen
Hunde mit in den Abschleppwagen nehmen?
Natürlich ginge dies zuerst aus hygienischen Gründen nicht, dann, weil sich die Vierbeiner ja angeblich im Auto viel wohler fühlen.
Klar kennen Sie die Geräusche und das Hochziehen in Schieflage - aber auch das haben wir überlebt.
Man sollte meinen, das man bei einem Garantiefall etwas mehr an die Hand genommen wird, jedoch schienen bereits jetzt alle Kommunikationswege endlos lang und umständlich.
Nur auf unser Nachfragen kamen Antworten.
Wir wurden also, weil man das so macht, zum nächstgelegenen Ford Händler geschleppt.
Mittagspause.
Wie sollte es auch anders sein. Ich kenne ja wenige Unternehmen, die eine Mittagspause einlegen, in der kein einziger Mitarbeiter mehr vor Ort ist, aber Ford ist da anscheinend ein ganz toller Arbeitgeber.
Schieben wir jedoch mal die Träume, die in unseren Köpfen anfingen wie Seifenblasen zu zerplatzen, beiseite, so müssen wir den Serviceleiter in dem kleinen Örtchen loben.
Er nahm sich der Sache engagiert an und nach einer Stunde wurden zumindest wieder (diesmal gleich zwei) Taschenlämpchen in Irnas Motorhaube gehalten.
Motorschaden!
Wie man das vor lauter Öl, ohne Anschließen irgendwelcher Geräte erkennen konnte, war uns zu dem Zeitpunkt zwar unklar, aber wir vertrauen auf die Erfahrung.
Ersatzfahrzeug
Fehlanzeige. Aber zumindest für zwei Werktage gab es einen Wagen vom ADAC.
Dieser war natürlich überhaupt nicht vergleichbar, aber wir konnten zumindest unsere Reise fortsetzen und die Familienfeier besuchen.
Abholung erfolgte auf eigene Faust wieder ganz woanders. Das hieß für Imke und die Hunde nochmal warten warten warten, während Dominik sich mit der Bürokratie quälte.
Es handelte sich hierbei um einen Nissan Quashqai, den wir angeblich eine halbe Stunde zu spät abgegeben haben und somit nochmal einen ganzen Tag extra aus eigener Tasche zahlen mussten.
Zu diesem Thema können wir euch bereits zu diesem Zeitpunkt schon sagen: wir haben die ganze Zeit keinen Ersatz erhalten und es gibt da auch kein Entgegenkommen seitens Ford.
Wie da bei einer Familie mit Kindern dann gehen sollte, ist uns ein Rätsel...

Und dann?
Dann passierte erstmal nichts.
Da wir aber unser Ziel vor Augen hatten, wollten wir das Problem selbst in die Hand nehmen.
Eine Werkstatt in der Umgebung zu finden, die bereit war sich Irnas Herz in weniger als einem Monat anzunehmen, war allerdings unmöglich. Wir hörten immer wieder, vor Mitte Juni sei kein Termin möglich und häufig klinkten sich die Ford Händler bei dem Wort Garantiefall gleich ganz aus.
Imke, voller Wut und Enttäuschung kam schließlich darauf unserern Verkäufer, der ja auch ein Ford Händler in Sachsen ist, zu kontaktieren. Vielleicht kennt der jemanden, der jemanden kennt, der jemanden kennt.
Oder er hat ein schlechtes Gewissen!
Und so kam es letztendlich, Irnas Überführung stand Ende Mai bevor. Narürlich auf unsere Kosten. Aber die 300 € war uns die Beschleunigung dieses Dramas durchaus wert.
Unglaubliche Zufälle
Sofort wenn unser Ford Transit bei dem über 400 km entfernten Ford Händler in Ostdeutschland angekommen sei, könne man reinschauen in Ihren Motor. (Wir haben Irna also weiter von uns wegbringen lassen, als sie bereits gestrandet war.)
Es war ein Donnerstag oder Freitag, an dem die Überführung stattfinden sollte.
Blöd nur, dass wir am Samstag wieder mal keine Rückmeldung erhielten und wieder nachfragen mussten, wo unser Herzstück denn nun sei.
So langsam nervte es uns bereits.
"Ach, ich wollte Sie gerade anrufen!" Worte, die wir so oft hörten....
"Ich weißt gar nicht wie ich es Ihnen sagen soll..." Worte, die wir auch oft hörten...
"Es gab ja am Dienstag (den 23.5.) eine Bombenentschärfung in Dresden... Naja und da wurde das Gebiet drumherum 48 Stunden evakuiert..... Naja, und in diesem Gebiet ist der Abschlepper ansässig, der Ihr Auto abholen soll...."
Puh!
Was sollen wir dazu noch sagen?
Also verschob sich abermals alles um eine Woche.

Diagnose
Jeden Tag saßen wir auf heißen Kohlen. Mehr, als wahrscheinlich jeder andere Autobesitzer es täte. Wir sind uns einig, das es relativ egal wäre, wenn es sich um unseren Kombi gehandelt hätte.
Schließlich ist ja Garantie drauf und alles wird bezahlt. Auch wenn Geduld nicht zu unser beider Stärken gehört, es wäre schon okay...
An Irna hängen jedoch Träume und Pläne, die nicht rückgängig zu mache waren und dessen Auflösung uns regelrecht in eine Depression stürzen können.
Irgendwann eine weitere Woche später, ich weiß nicht mehr welches Datum es war, kam der Anruf mit der Diagnose: Der vierte Zylinder / Kolben habe einen Riss.
Mehrmals hatte man das Innere unserer Irna mit einem Endoskop durchleuchten müssen, da das ausgelaufene Öl die Suche nach dem Schaden erschwerte.
Motorschaden - da haben die Männer mit den Taschenlämpchen wenigstens Recht gehabt.
Tolle Arbeit, Nicht so toll für uns. Denn was hieß das nun?
Irgendwie schwing die Hoffnung immer noch mit, es könnte ja "doch nicht so schlimm" sein.
Da alles immer wieder mit Ford abgesprochen werden musste und man uns nie zurück rief, informierte oder unsere Bitten um Ersatz ernst nahm, haben wir einen eigenen Serviceleiter als Ansprechpartner bekommen.
Gleichzeitig hat sich Imke mal mit der Zentrale in Verbindung gesetzt, da diese ja für alles verantwortlich sind und das Unternehmen vertreten.
Uns ist völlig klar, dass der kleine Händler nichts für die Regeln und Vertragsinhalte von Ford kann, aber ein solch seltsames Beschwerdemanagement haben wir noch nie erlebt.
Gebracht hat beides nichts. Leere Worte, leere Versprechungen und letztendlich wurde man nur abgewimmelt.
Das i-Tüpfelchen
Die Herztransplantation war am 20. Juni abgeschlossen. Irnas komplett neuer Motor saß am richtigen Fleck.
Die Testfahrt lief allerdings alles andere als positiv.
Der Rußpartikelfilter war dermaßen voll mit Öl, dass er nicht mehr funktionstüchtig war und das Fahrzeug direkt in den Notlauf geriet.
Ob man das nicht hätte ahnen können, wenn doch bei dem Vorfall bereits der ganze Motor mit Öl voll gelaufen war?! Man setzt extra eine endoskopische Kamera ein, um vor lauter Öl sehen zu können, ahnt aber nicht, dass die Unmengen an Öl auch irgendwo hinlaufen?!

Wiedersehen am 28.6.2018 nach 56 Tagen
Für uns gleicht dieser Tag einem Feiertag und Irnas Wiedergeburt.
Wir durften unseren halbfertige Campervan, der uns in zwei Wochen durch Europa führen sollte, endlich abholen.
Nach der stumpfen Übergabe wird nun erstmal noch ein mulmiges Gefühl mitfahren.
Aber das würde es auch in jedem anderen Fahrzeug, in das man all seine Hoffnung, sein Geld und seinen Schweiß steckt.
Das hat uns auch von den zwischenzeitlichen Überlegungen, alles aufzugeben und Irna zu verkaufen, abgehalten.
Nennt es Schicksal, aber sie gehört eben zu uns und das gehört nunmal zum Vanlife dazu.
Okay, ich habe versucht mich kurz zu halten und dabei ist mir aufgefallen, dass es nicht ansatzweise so dramatisch und nervenaufreibend rüberkommt wie es war. Wir hatten unzählige Telefonate (unsererseits) und viele Beschwerdeschreiben über die Kommunikation. Denn es ging uns nie darum, dass unser Auto morgen repariert ist, sondern dass man mit uns spricht und ein ungefähres Zeitfenster nennen kann.
Zu diesem Zeitpunkt richten schließlich unser ganzes Leben mit allem was dazu gehört nach Irna.
Unser Filmchen des Wiedersehens.
Schaut mal rein und lasst euch von unserer Freude anstecken.
Alles wird immer irgendwie gut.